ISaR Projekt

Inclusive Services and Rehabilitation

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Sportarten und Erfahrungsberichte von Sportler*innen mit Sehbeeinträchtigung und Blindheit

In dieser Rubrik sammeln wir Berichte und Kurzbeschreibungen zu verschiedenen Sportarten sowie Erfahrungsberichte von Sportler*innen mit Sehbeeinträchtigung und Blindheit.

Allgemeine Informationen zum Sport für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung

Broschüre des DBSV

Informationen zu Sportbrillen

Broschüre: Gelungene Wege zum inklusiven Sport. Impulse für die Praxis.

1. Erfahrungsbericht von Elisabeth Krych: Sehbeeinträchtigung und Sport

Häufig wird die Frage gestellt, was für Sportarten kann ich mit einer Sehbeeinträchtigung machen? Pauschal kann man diese Frage nicht beantworten. Es kommt auf die Art der Sehbeeinträchtigung an und mit Sicherheit auch auf das Alter des Betroffenen, sowie ob es sich um eine angeborene Sehbeeinträchtigung oder eine erworbene Sehbeeinträchtigung handelt. Ich habe für Sie unsere Erfahrungen festgehalten und möchte sie gerne an alle Eltern von sehbeeinträchtigten Kindern und an Betroffene weitergeben.

Jan-Philipp ist 12 Jahre alt, hat einen okulären Albinismus mit einem Visus von 10%. Angefangen aktiv Sport zu betreiben hat, Jan-Philipp im Alter von 5 Jahren. Sein Wunsch war es, zu all unserem Erschrecken, in einen Fußballverein zu gehen. Bis dahin hatte er eigentlich nie Interesse an Ballspielen gezeigt, aber im Kindergarten gingen schon viele Jungen in den Fußballverein und in der Nachbarschaft ebenso. Eigentlich waren es sogar die Nachbarskinder, die ihn dazu bewogen hatten. Die Kinder waren schon älter und hatten ihre Lieblingsfußballmannschaften. Da wollte Jan-Philipp mitreden können. Fortan wusste er in der Bundesliga Bescheid und er wurde Fan vom FC Schalke 04.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch brachte ich Jan-Philipp zum Fußballtraining. Ich habe dem Trainer kurz erklärt, dass Jan-Philipp nicht so gut sehen kann und er meinte nur, dass er darauf achten würde. Eigentlich wusste ich sofort, dass Jan-Philipp sich da nicht wohl fühlen würde, aber es war ja sein Wunsch. Ganze drei Mal war er beim Training, erzählt hat er in der Zeit allerdings nicht viel, nur nach dem 3. Training sagte er mir, er wolle da nicht mehr hin. Im nachhinein erzählte er dann, dass der Trainer immer so schreien würde und auch die anderen Kinder so blöde Sachen sagen würden. Das war das Thema Fußball.

Zur gleichen Zeit suchte der Handballverein Nachwuchs. Es wurden Schnuppertrainingsstunden angeboten. Das Ziel des Training war in erster Linie, Kinder zum "Sich - Bewegen" zu motivieren. Das Training wurde sehr spielerisch angeleitet und hatte sehr wenig mit Handballspielen zu tun. Es wurden sehr viele Spiele für die Motorik und das Gleichgewicht angeboten.

Da Jan-Philipp immer erhebliche Defizite in der Motorik hatte und ich einen Vereinssport für ein Einzelkind sehr sinnvoll fand, habe ich Jan-Philipp gefragt, ob er sich das Training einmal ansehen möchte. Gesagt, getan, Jan-Philipp hatte super Glück mit seinem Trainer. Wir kannten ihn als Vater aus dem Kindergarten. Der Umgangston in der Halle war bedeutend anders, als auf dem Fußballplatz und es gab Vorteile wie: im Sommer keine Sonne die blendet, im Winter kein Regen usw.

So begann Jan-Philipp seine Handballzeit sehr spielerisch. Jan-Philipp spielt nun schon seit 7 Jahren erfolgreich Handball. Im Sommer wird er zur C-Jugend wechseln. Wir wissen allerdings nicht, ob er in der Klasse weiterhin erfolgreich Handball spielen wird. Handball ist ein sehr schneller Ballsport. Jan-Philipp weiß allerdings selber, dass irgendwann der Punkt kommen wird, wo er dem Ball nicht mehr folgen kann. Und bevor er seiner Mannschaft kein guter Spieler mehr sein wird möchte er rechtzeitig aufhören, Handball zu spielen. Es wird für ihn eine schmerzliche Erfahrung werden. Allerdings haben Trainer und Betreuer Jan-Philipp schon gefragt, ob er nicht Lust hätte die Minis zu betreuen. Ich denke, so wird er den Kontakt zum Handball nicht ganz verlieren.

Eine ganz wichtige Erfahrung ist, dass man auch ohne räumliches Sehen sehr gut Ballspiele machen kann, denn das räumliche Sehen kann man erlernen oder antrainieren. Jan-Philipp hat gelernt, die Geschwindigkeit des Balles abzuschätzen und ebenso die Entfernung seiner Mitspieler.

Ich versuche zu erklären warum das so ist:
Die Sehnerven beider Augen haben bei Albinismus einen veränderten Verlauf durch das Gehirn. Dies ist der Grund dafür, dass sich häufig ein Schielen und ein fehlendes räumliches Sehvermögen finden. Der Vorteil bei Albinismus gegenüber vielen anderen Sehbeeinträchtigung ist, dass es sich um eine Sehbeeinträchtigung handelt, die mit einer Verminderung der zentralen Sehschärfe einhergeht. Das Gesichtsfeld ist normal und das Farbensehen ist häufig nicht beeinträchtigt. Auch das Formen- und Bewegungssehen ist regelrecht.

Des Weiteren macht Jan-Philipp seit 2 1/2 Jahren Ju-Jitsu, wobei er da überhaupt keine Probleme bezüglich seiner Sehbeeinträchtigung hat. Dieser Sport hat Jan-Philipp sehr viel Selbstbewusstsein gegeben.

Leichtathletik ist ebenso eine große Leidenschaft von Jan-Philipp. Seit 3 Jahren macht er fortlaufend sein Sportabzeichen und auch dabei gibt es keinerlei Probleme. Beim Laufen nimmt er, wegen der Orientierung, immer eine Außenbahn und beim Absprung wurde bisher die Absprungmarke farblich gekennzeichnet, das macht es ihm natürlich einfacher.

Hobbymäßig spielt Jan-Philipp Tischtennis, was ihm allerdings nicht so leicht fällt. Es ist eher ein Zuspielen, als ein Gegeneinanderspielen.

Das Fußballspielen hat Jan-Philipp nicht ganz aufgegeben. Er ist allerdings nicht im Verein, sondern er spielt mit seinen Freunden bei Gelegenheit und das klappt auch sehr gut.

Seit dem Sommer letzten Jahres spielt Jan-Philipp Badminton. Er hat es gesehen und wollt es ausprobieren. Das war allerdings sehr anstrengend. Mit sehr viel Geduld und Ausdauer hat er auch das hinbekommen. Der Vorteil beim Badminton im Gegensatz zum Federball ist, dass man Badminton in der Halle spielt. Da der Federball eigentlich immer von oben kommt, muss man halt immer nach oben schauen und wenn es nicht gerade regnet, blendet es.

Auch das Badmintonspiel reicht nicht für Wettkämpfe aus, als Freizeitbeschäftigung ist es aber ausreichend.

Das Fahrradfahren interessiert Jan-Philipp überhaupt nicht. Er hat sehr spät gelernt, Fahrrad zu fahren. Alle Kinder im Kindergarten fuhren schon ohne Stützräder und dadurch fühlte er sich unter Druck gesetzt und hatte kein Interesse gezeigt, dass Radfahren zu lernen. Irgendwann in der 1. Klasse klappte es dann. Zur Kommunion war sein Wunsch, wie bei allen Kindern in diesem Alter, ein Fahrrad. Das Fahrrad haben wir kürzlich, neuwertig, verkauft. Die einzigen Strecken, die Jan-Philipp damit gefahren ist waren gemeinsame Familienausflüge. Mit Freunden ist er nie gefahren. Ganz schnell hat er selber bemerkt, dass er bei seinen Freunden nicht mithalten kann. Ich denke, bei Jungen ist das etwas anderes als bei Mädchen. Jungen sind in der Regel wilder, müssen sich beim Fahrrad fahren mehr behaupten, machen Kunststücke usw. Für Jan-Philipp ist schon das einfache Mitfahren sehr anstrengend und da kann er nicht noch irgendwelche Kunststücke auf dem Rad veranstalten. Meistens, wenn die Freunde Fahrradfahren, kommt Jan-Philipp rein und sagt, er hätte keine Lust, Fahrrad zu fahren.

Ich hoffe und wünsche Jan-Philipp, dass durch das Älterwerden der Freunde auch das Radfahren für ihn möglich wird oder das er vielleicht mit einem Freund Tandem fahren mag.

Eine weitere große Leidenschaft von Jan-Philipp ist das Skateboard fahren. Bei jeder Gelegenheit steht er auf diesem, für mich wackeligen, Brett. Dabei mag ich gar nicht hinschauen, denn ich persönlich empfinde es als sehr gefährlich. Die kleinste Unebenheit auf der Straße kann für einen Sturz sorgen. Da hatte Jan-Philipp bisher wohl immer seinen Schutzengel dabei. Was mich auch immer wieder wundert ist, dass er sich auch auf Skaterbahnen wohl fühlt und waghalsige Sprünge wagt. Ich denke, eine wichtige Rolle spielt dabei, dass Jan-Philipp keine Angst hat und sich sehr viel zutraut.

Beim Schulsport ist Jan-Philipp der Klassenbeste, er schafft beim Hochsprung 1,90 m, was ich mir nicht vorstellen kann, zumal er mit seinen 1,52 Meter einer der Kleinsten in seiner Klasse ist. Es gibt Jungen in seiner Klasse, die sind 2 Köpfe größer als er.

Segeln war Jan-Philipp im letzten Jahr zum ersten Mal, was daraus wird kann ich nicht sagen. Wenn er selber später mal einen Segelschein machen möchte wird das wohl nicht gehen.

An dieser Stelle möchte ich alle Eltern ermuntern: Wenn ihr Kind Interesse an einer Sportart zeigt, lassen Sie es gewähren und sagen Sie nicht: "Das kannst Du nicht". Ich hätte nie gedacht, dass Jan-Philipp mit seiner Sehbeeinträchtigung solange aktiv Handball spielen wird. Gerade wenn es mal in der Schule nicht so läuft, ist es für Jan-Philipp eine wichtige Motivation zu wissen, was er im Sport alles leisten kann.

2. Erfahrungsbericht zum Thema "Karate"

Und es geht doch!

Erfahrungsbericht zum Thema Karate

 

Zu meiner Person lässt sich sagen, dass ich in den letzten fünf Jahren erblindet bin. Ich bin jetzt 44 Jahre alt, verheiratet und habe drei Kinder. In meiner Kindheit fing der Verlust meiner Sehkraft an. Gestört hat es mich jedoch erst in meiner Jugend. Vor allem in der Schule (normale Regelschule) gab es sehr viele Probleme. Oft konnte ich Dinge nicht an der Tafel erkennen. Immer wenn wir etwas von der Tafel abschreiben sollten, tat ich immer nur so, als ob ich es abschreibe. Der Tageslichtprojektor und auch Landkarten (in Erdkunde) waren sehtechnisch ein Horror. Das Getümmel im Schulgebäude stellte aufgrund meines eingeschränkten Sehfeldes ebenso ein Problem dar. Nach dem Schulklingeln bin ich so schnell wie ich nur konnte durch das Gebäude, um dem Gedränge zu entkommen. Dies war für alle das Beste, da ich ansonsten zahllose Mitschüler umgerannt hätte.

Jeder kennt es, und jeder weiß es, als Jugendlicher möchte man cool und lässig sein. So auch ich. Niemand erfuhr deshalb von meiner Sehbeeinträchtigung. Insbesondere vor den Mädels wollte man ja schließlich keine Schwächen zeigen. So kam es, wie es kommen musste, auch der Sportunterricht wurde eine Tortur. Mit einem stark eingeschränkten Sehfeld lässt sich eben kein Fußball, Handball, Basketball und Tennis spielen. Obwohl einige Schüler*innen und ein Sportreferendar in der Oberstufe von meinen schlechten Augen wussten, konnten sie sich das Lachen beim Tennisspielen nicht verkneifen. Mit Bauchschmerzen bin ich jedes Mal zum Sportunterricht gegangen. Immer wieder Gelächter, weil ich die Bälle nicht gesehen habe, führten dazu, dass ich erst recht nicht über meine Sehbeeinträchtigung gesprochen habe.

Erst mit fast 30 Jahren und mit der Hilfe meiner Frau, begann ich mich wieder zu öffnen. Heute mit 44 Jahren, weiß ich, wie dumm ich war. Mit absoluter Offenheit, hätte ich es einfacher haben können.

Heute trainiere ich sogar Karate. Mittlerweile habe ich schon den braunen Gürtel. Mit Karate anzufangen war eine große Überwindung. Immer wieder habe ich das Probetraining vor mir her geschoben. Die Angst, dass der Trainer sagen könnte, als Menschen mit Blindheit macht Karate keinen Sinn, war einfach zu groß. Doch eines Tages habe ich mich getraut. Meine Frau brachte mich bis zur Umkleide. Als ich hinein ging, fand ich zum Glück sofort einen Platz zum Umziehen. Zu den Anderen in der Umkleide sagte ich: “Ich möchte ein Probetraining machen.“ Als ich mich umgezogen hatte, fragte ich: “Wo ist denn die Tür zur Halle?“ Ich fügte hinzu, dass ich blind bin und die Tür nicht sehen kann. Plötzlich verstummte der ganze Raum, und ich spürte sämtliche Blicke auf meiner Haut. Ein Karateschüler zeigte mir dann die Tür, und die Sache nahm ihren Lauf. Der Trainer (im Vorfeld von meiner Erblindung in Kenntnis gesetzt) erklärte allen, dass ich nichts sehen kann, und stellte mir einen Trainingspartner zur Seite. Zum Glück war dieser sehr locker und hatte überhaupt keine Berührungsängste. Er nahm mich, packte mich an den Schultern und stellte mich so hin, wie ich sollte. Nach kurzen Erklärungen was ich machen sollte, nahm er meine Arme und Hände und führte sie so wie der Bewegungsablauf auszusehen hatte. Auch wenn ich einmal aufgrund der Erklärung  nicht weiß, wie eine Fußtechnik funktioniert, nimmt der Trainer einfach mein Bein und zeigt es mir. Ich war von Anfang ein Teil dieser Gruppe und keiner hat mir das Gefühl gegeben, fehl am Platz zu sein. Dies resultiert nicht zuletzt daraus, dass ich von Anfang an einfach gesagt habe, dass ich nicht sehen kann.

Nie hätte ich gedacht, dass man als Blinder Karate machen kann. Es geht wirklich! Und ich bin mir sicher, dass es noch viele Sachen gibt, die auch als Mensch mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung möglich sind. Man muss sich nur trauen. Selbst wenn man von zehn Versuchen neun Niederlagen einfährt, so wird der eine Versuch, der funktioniert hat, alle Niederlagen überwiegen und das Leben bereichern. Was soll denn auch schon passieren. Mehr als das ein Versuch fehlschlägt passiert nichts. Natürlich kann das schmerzvoll sein, aber was ändert sich dadurch im Leben? Nichts! Ohne den Versuch eine Sache zu probieren, hätte man sie ja sowieso nicht gemacht.

Auch der weiße Langstock hat mein Leben bereichert. Neben der wiedergewonnenen Mobilität führt diese offensichtliche Deklaration als Mensch mit Blindheit dazu, dass immer wenn ich auf der Straße Hilfe brauche, jemand bei mir ist. Ohne zu fragen, ist Hilfe einfach da.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Offenheit das Leben einfacher macht. Natürlich weiß auch ich, dass es auch immer noch dumme Menschen geben wird, die lachen oder einem irgendwie anders das Leben schwer machen. Man wird jedoch mit Offenheit mehr Akzeptanz und Hilfe bekommen. Nimmt man dann noch Hilfsmittel für Menschen mit Sehbeeinträchtigte und Blinde an, kann man ein fast normales Leben führen. So putze ich z. B. Fenster oder decke das Dach unseres Gartenhauses. Also habt Mut neue Dinge trotz eurer Behinderung auszuprobieren, und seit euren Mitmenschen gegenüber offen.

 

Quelle: Matthias R. für das ISaR-Projekt 2013

 

3. Erfahrungsbericht einer blinden Frau zu verschiedenen Sportarten

Meine Erfahrung mit Sport, auch wenn ich blind bin!

 

Ich bin 57 Jahre alt, von Geburt an blind und habe das Glück, mit 6 Geschwistern groß zu werden. Eine meiner Schwestern hat mich zu vielen Sportarten mitgenommen, so konnte ich vieles ausprobieren. Schon sehr früh wurde ich ins Freibad mitgenommen und lernte, wie alle anderen, Schwimmen. Ich machte meinen damals noch Frei- Fahrten- und Jugendschwimmschein.

Dann nahm sie mich auch zum Reiten mit. Vor vielen Jahren war es noch möglich, ohne einen Reiterschein ein Pony für eine Stunde zu mieten und dann durch die Gegend zu reiten. Auch dies war eine tolle Erfahrung für mich.

Dann kamen wir auf die Idee, Fahrrad zu fahren. Da ich noch kein Tandem besaß, ist meine Schwester mit mir nebeneinander Fahrrad gefahren. Das ging auch sehr gut.  Zum Glück war damals noch nicht so viel Verkehr und irgendwie kamen wir immer unbeschadet davon. Auch an vielen  Tandemfreizeiten habe ich Teil genommen.

Später hab ich dann auch mal einen Segelfreizeit mitgemacht. Das Gefühl mit einem Segelboot über den See zu segeln, war für mich auch sehr beeindruckend.

Schon sehr lange gibt es in Österreich eine Blindenfreizeit, wo Blinde und Sehende gemeinsam das Bergwandern und Bergsteigen ausprobieren können. Wir bekamen die verschiedenen Klettertechniken gezeigt. Ich fand es sehr beeindruckend, die Bergwelt so zu erleben.

Das Rollschuh- Schlittschuh und Inlinerfahren probierte ich ebenfalls aus. Das war auch eine super gute Sache.

In Münster, wo ich jetzt lebe, gibt es einen Blindenwassersportverein. Hier haben Blinde und Sehbehinderte mit ihren Freunden und Bekannten die Möglichkeit, sich im Paddeln und Rudern zu versuchen. Seit 38 Jahren bin ich auch dabei.

Viele Jahre habe ich am Sportkegeln Teil genommen. Leider lässt es meine Gesundheit nicht mehr zu, dass ich das Sportkegeln weiter mache. Auch gab es für mich die Gelegenheit das Tauchen und Nordicwalken zu testen. Beides finde ich auch super gut. Über viele Jahre habe ich Skilanglaufen gemacht. Dieser Sport macht mir auch sehr viel Freude.

Es gibt, so finde ich, für Menschen mit Blindheit viele Möglichkeiten Sport zu betreiben. Es gibt zwar nicht viele Sportarten, die man als Mensch mit Blindheit ganz alleine machen kann. Ich finde es auch viel schöner, gemeinsam mit Sehenden Sport zu betreiben. Ich bin allen sehr dankbar, die mich an die verschiedenen Sportarten heran geführt haben und hoffe, dass mein Bericht vielen Betroffenen Mut macht, viele Sportarten auszuprobieren. (Ida für das ISaR-Projekt 2013)

4. Ohne Sie läuft nichts! Regina Volllbrecht über das Laufen als blinde Sportlerin und die wichtige Rolle von Begleitläufern

Wenn ich als Mensch mit Blindheit laufen möchte, so gibt es für mich zwei Möglichkeiten. Zum einen kann ich ein Laufband zu Hause oder im Fitnesscenter nutzen.  Zum anderen kann ich mich von einem Begleitläufer, auch Guide genannt, begleiten lassen.

Im Langstreckensport bin ich seit 2000 aktiv. Seither habe ich an 12 Marathons – der interessanteste war wohl in Nairobi, vier Sechsstundenläufen, drei Ironmans und einigen kleineren Wettkämpfen auf den Distanzen von 1500m bis zum Halbmarathon teilgenommen. Zu meinen größten Erfolgen zählen mein Marathonweltrekord mit einer Zeit von 3.15,49 h, gelaufen am 31.10.2010  in Frankfurt,  und die 67,567 km beim 9. Sechsstundenlauf in Troisdorf.

Ich habe also einige Erfahrungen während der vielen Trainings- und Wettkampfkilometer in dem Zusammenspiel zwischen Athlet und Guide sammeln können.

In für mich wichtigen Wettkämpfen lasse ich mich gern von Begleitläufer*innen führen, die ich gut kenne. Natürlich habe ich auch schon Guides eine Stunde vor dem Rennen kennen gelernt und es hat während des Laufes alles gut geklappt. Mein Guide und ich sind mit einem Sportschnürsenkel verbunden, der an jedem Ende eine Schlaufe hat, die wir dann in die Hand nehmen. Bei internationalen Wettkämpfen oder einer Rekordanerkennung, darf das Band nur 50 cm lang sein. Der Begleitläufer läuft immer an meiner linken Seite und wir achten darauf, dass das Band leicht straff gehalten wird, denn nur so habe ich den optimalen Abstand zu meinem Laufpartner. Während eines harten Trainings oder wichtigem Wettkampf, ist es unbedingt erforderlich, dass der Guide schneller ist als ich. Der Guide braucht die volle Konzentration um Unebenheiten, Kurven, Zeiten, die Länge einer Steigung oder eines Gefälles anzusagen. Er muss aber auch im Wettkampf auf die anderen Starter achten, damit es zu keinen Stürzen kommt. Besondere Aufmerksamkeit ist beim Start eines Laufes an den Tag zu legen.

Für einen Marathon bedeutet dies beispielsweise, das der Guide auch an seinem schlechtesten Tag ca. 20 Min. schneller laufen können muss, als ich es kann, zumindest dann, wenn er mich auf der ganzen Distanz begleitet. Damit es für alle Beteiligten entspannter ist, teilen sich zwei Guides die Strecke bei einem für mich wichtigen Marathon.

Ich habe die tolle Erfahrung gesammelt, dass viele meiner Trainingspartner*innen auch meine Freunde werden. Damit auch jeder meiner Guides für sich trainieren kann, versuche ich mein Training auf mehrere Läufer zu verteilen. So genieße ich es mit netten Männern bei oft interessanten Gesprächen unterwegs zu sein. Natürlich kann ich auch nicht verschweigen, dass es zeitweise sehr anstrengend ist, mein Training abzusichern, weil es ganz oft an der ausreichenden Anzahl von Begleitläufern mangelt.

Immer wieder werde ich gefragt, warum ich laufe.

Mir gibt das Laufen Bewegung an der frischen Luft, Zeit für Gespräche mit Freunden und die Möglichkeit mich auszupowern und somit ein Ausgleich zu meinem Job zu schaffen.

Bei meinem letzten Rennen, dem Ober-Elbe-Marathon in Dresden am 29.04.2012, war ich gemeinsam mit dem blinden Marathonläufer Henry Wanyoike und der Christoffel Blindenmission, sowie meinem Guide Ralf Milke und seiner Frau.

Zum Abschluss unseres thailändischen Essens am Vorabend des Wettkampftages, wurden uns noch Glückskekse gebracht. Als Ralf seinen Zettel vorlas: „Ohne Sie läuft nichts“ mussten doch alle Anwesenden in Anbetracht des bevorstehenden 10 Kilometer Laufes tüchtig lachen.

Wie wahr, ohne Ralf oder andere Guides kann ich an keinen Wettkämpfen teilnehmen. Vielen Dank an alle, die mich bisher begleitet haben! Und denjenigen,  die über eine Begleitung nachdenken, kann ich nur empfehlen es auszuprobieren. Schreckt nicht vor der Verantwortung zurück, sondern probiert es einmal aus. Es wird auch für Euch viele interessante Momente und Erlebnisse geben!

 

Regina Vollbrecht Berlin, 06.05.2012

5. Erfahrungsbericht eines Schülers mit Sehbeeinträchtigung zum Thema Tandemfahren

Ich kann nicht so gut sehen. Besonders in der Ferne nicht. Deswegen trage ich eine Brille. Wenn es draußen dunkel wird, brauche ich meinen Langstock. Ich bin 15 Jahre alt und gehe in die Oberstufe einer Förderschule. Früher war ich Schüler in einer Schule für Blinde und Sehbehinderte. Meine Hobbies sind Playstation spielen, fernsehen, draußen spazieren gehen und Tandem fahren.

Hier bei uns in Deutschland gibt es nur in wenigen Fahrradgeschäften Tandems zu kaufen. Als ich einmal in Holland war, gab es viel mehr Auswahl an Tandems.

Wenn wir früher im Wald mit meinen Eltern und meinem Bruder zusammen Fahrrad gefahren sind, habe ich gemerkt, dass mein Sehen irgendwie dunkler war als in der Stadt. Also bin ich nicht mehr so gern mit dem Rad durch den Wald gefahren. In der Innenstadt gibt es aber viele Laternen, Eisenstangen mit Ketten daran und Straßenschilder überall. Da bin ich manchmal fast davor gefahren.

Als wir beim Augenarzt waren, hat der gesagt, dass meine Augenlinsen trüb sind und dass eine Operation gemacht werden muss. Danach sollte ich gar nicht mehr mit dem Rad fahren, weil es zu gefährlich war. Ich wollte aber so gerne Fahrrad fahren.

Im Urlaub waren wir einmal in Norderney. Da haben wir einen blinden Mann und seine Frau kennen gelernt. Die beiden hatten ein Klapp-Tandem und deshalb konnten sie es überall mit hinnehmen.

Irgendwann hat meine Tante ein Tandem im Internet ersteigert. Für sich selbst. Sie kam damit aber nicht so gut um die Kurven herum. Sie hat uns dann das Tandem einfach geschenkt. Mein Vater und ich hatten in Holland das Tandemfahren schon öfters ausprobiert. Papa hat ein gutes Gleichgewicht. Er hat früher Radsport gemacht. Wer zuerst aufs Rad steigt, ist egal, wir kippen nicht um. Wenn gutes Wetter ist, machen mein Vater und ich kleine Radtouren.

Ein Tandem ist sehr teuer. Man bekommt es auch als Mountainbike oder als Rennrad, also als richtiges Sportrad. So eins möchten mein Vater und ich gerne in Zukunft kaufen. Und Trikots. Dann wollen wir jeden Tag trainieren. Vielleicht können wir dann an dem Radrennen teilnehmen, das bei uns einmal im Jahr stattfindet.

Übrigens noch ein kleiner Tipp: Wer hinten auf dem Rad sitzt, sollte auch mittrampeln – sonst gibt es ein bisschen Ärger mit dem Vordermann.

(Marco für das ISaR-Projekt 2013)

 

Zum Tandemclub Weisse Speiche Hamburg

Zum Verein Tandem-Hilfen e.V.

6. Sportart Judo

Judo stammt aus Japan und bedeutet übersetzt der „sanfte Weg“. Prinzip dieser Kampfsportart ist die „maximale Wirkung bei einem Minimum an Aufwand“. Besonders der Köperkontakt wird zur Orientierung genutzt. Angriffe können meist schneller erfühlt als über den Sehsinn wahrgenommen werden. Daher ist Judo auch besonders als inklusive Sportart geeignet. Voraussetzung für den Judosport sind einfache Bodenturn-Elemente wie z.B. Vorwärts- und Rückwärtsrollen. Diese Elemente werden mit den Anfängern*innen trainiert. Haben die Sportler*innen sich diese Techniken angeeignet wird mit einem Partner auf eine 8x8 Meter großen Matte geübt. Die Judoka lernen verschiedene Wurftechniken mit Hilfe derer sie ihren Gegner zu Boden bringen. Außerdem wird den Judoka vermittelt, wie sie ihren Gegner so festhalten, dass dieser wehrlos ist. Gleichzeitig werden den Kampfsportlern Techniken nahe gebracht, um sich aus den Griffen des Gegners zu befreien. Dies wird zunächst in der Bodenlage, dann im Kniestand und zuletzt im Stand trainiert. Die Judoka können verschiedene Gürtel von weiß (Anfänger) bis schwarz (Profi) erwerben. Um den nächst „höheren“ Gürtel zu erlangen, muss der Kämpfer eine praktische Prüfung ablegen. Beim Judo handelt es sich um eine Sportart bei der in verschiedenen Gewichtsklassen gekämpft wird. Die Wettkampfzeit ist dabei nach Altersklassen festgelegt. Judo ist eine Sportart, die sowohl den Körper, als auch den Geist trainiert. Selbstdisziplin und Achtung vor sich und andern werden gelernt.

6.1. Erfahrungsbericht zur Sportart Judo

Erfahrungsbericht zur Sportart Judo

Ich bin 21 Jahre alt und komme aus Soest. Ich war aber nicht im Gemeinsamen Unterricht, sondern habe an der Förderschule meine Mittlere Reife gemacht. Ich bin geburtsblind.

Mein Vater kannte einen Judotrainer. Ich wollte mich irgendwann gerne sportlich betätigen und habe dann bei diesem Trainer eine Probetraining absolviert. Der erste Trainingstag ist erst einmal etwas komisch. Man weiß, dass man der einzige Blinde ist und weiß nicht, wie die anderen das aufnehmen. Man muss ganz offen daran gehen und kann nicht erwarten, dass man alles in den Schoß gelegt bekommt. Aber es gibt ja die Möglichkeit, auf Leute zuzugehen und sie anzusprechen.

Am Anfang des Trainings sind wir meist Runden gelaufen. Mich hat immer jemand mitgenommen und ich habe mich am jeweiligen Arm festgehalten. Später kamen dann immer Leute auf mich zu, die mit mir laufen wollten.

Beim Laufen habe ich nach und nach die Dimension der Halle erfahren. Ich habe natürlich auch die Matten mit aufgebaut. Es war gut, dass ich nicht mit Samthandschuhen angefasst worden bin.

Der Trainer hatte für die Sehenden Zeichnungen von den Griffen beim Judo. Er hat das aber jeweils am Mann selbst gezeigt, also an den Trainierenden. Dabei hat er mich selbst auch geworfen. Dadurch merkte ich, wie und wo genau er mich festhält und was mit meinem Körper passiert. Einmal stand er vor mir, hat mich plötzlich über die Schulter geworfen, ohne dass ich das vorher wusste. Der Wurf nannte sich „das große Rad“. Der Trainer war schon ein harter Typ. Manchmal sagte er auch: „Komm ich zeig dir das mal!“ Er hat mich dann gegriffen und auf die Matte geworfen. Diese Übungen mit und ohne Ankündigungen haben mich ziemlich abgehärtet.

Der Trainer hat auch die anderen zur Demonstration der Übung geworfen. Das konnte ich schlecht ertasten. Aber dann wurden wir immer in Paare aufgeteilt und mir wurde die Übung dann extra noch einmal erklärt. Der große Vorteil beim Judo ist, dass alles mit Körperkontakt zu tun hat. Es gibt keine Schläge, es ist „der ruhige Weg“. Beim Kämpfen begibt man sich in eine Grundstellung und fasst sich gegenseitig am Anzug fest.

Später gab es allerdings Kämpfe, wo man nicht mehr am Mann stand. Man hatte keine Möglichkeit abzuschätzen, wie sich der Gegner bewegt. In einem solchen Fall muss man sich vorher überlegen, was man mit dem Gegner machen will. Man muss schnell sein.

Meiner Meinung nach sollte man grundsätzlich offen für alles sein und sich nicht aufgrund seiner Behinderung in die Ecke stellen lassen. Wenn alle sich ein wenig Mühe geben, geht das auch.

 

(Nils für das ISaR-Projekt 2014)

7. Sportart Wing Chun

Wing Chun ist eine relativ junge chinesische Kampfkunst, die vor ca. 300 Jahren  von Nonnen in einem Kloster begründet worden ist. Diese Art der Selbstverteidigung ist darauf ausgelegt, sich gegen körperlich überlegende Personen durchzusetzen. Hierbei kommt es vor allem auf ausgereifte Technik und die Sensibilität des Tastsinnes an.

Im Vordergrund stehen die Hand- und Armtechniken, die aus der Grundhaltung (wu sao/ man sao = schützende Hand/ suchend-fühlende Hand) hervorgehen. Dabei suchen die Hände bzw. Arme den Kontakt zum Gegner, spüren dessen Druck und nutzen diesen für einen Gegenangriff. Somit ist Wing Chun eine Kampfkunst, die zur gleichen Zeit Verteidigung und Angriff beinhaltet.

Ein wichtiger Bestandteil des Wing Chun Trainings ist das „Gefühlstraining“, das sogenannte Chi Sao (klebende Arme). In dieser Übungsform bleiben die Arme der Übungspartner im ständigen Kontakt und vollführen fließende Bewegungen. Aus dieser Grundform vollziehen die Trainingspartner verschiedene Angriffe, auf die intuitiv reagiert wird. Die dadurch erlernten Reflexe erlauben den Trainierenden viel unmittelbarer und schneller auf Angriffe zu reagieren, als es der Sehsinn zulassen würde. Ferner schult Wing Chun nicht nur die Reflexe, sondern fördert ebenfalls die Gesundheit und Körperwahrnehmung der Trainierenden.

Aufgrund dieser Fokussierung auf den Tastsinn und die Tastreflexe ist Wing Chun als inklusive Sportart geeignet.

8. Sportart Goalball

Der Spielgedanke ist beim Goalball der gleiche wie beim Torball. Das Spielfeld ist neun Meter breit und achtzehn Meter lang. Das Spielfeld ist durch die Mittellinie in zwei gleich große Hälften geteilt. Das Tor verläuft über die ganze Spielfeldbreite und ist 1,30 Meter hoch. Gespielt wird mit einem Klingelball, der 1250 Gramm schwer ist. Die Mannschaften bestehen aus jeweils drei Spieler*innen und bis zu drei Ersatzspieler*innen. Alle Spieler*innen tragen eine lichtundurchlässige Brille. Die Spieler*innen können sich nur über das Gehör und die Markierungslinien auf dem Feld orientieren. Ein Spiel dauert 20 Minuten (aufgeteilt in zwei mal 10 Minuten). Ziel ist es, den Ball in das gegnerische Tor zu werfen. Gleichzeitig versucht die gegnerische Mannschaft den Ball abzuwehren. Nach einem Wurf muss der Ball mindestens einmal in jeder Zone des Spielfeldes den Boden berühren.  Die Mannschaften dürfen den Ball immer nur 10 Sekunden in ihrer Kontrolle halten. Goalball ist eine paralympische Disziplin.

Informationsseite zu Goalball

übersichtliche Auflistung aller Goalballvereine 

Auflistung von geforderter Ausrüstung für das Goalballspiel 

weitere Informationen zu Goalball 

Bilder und Videos 

Linkliste zum Thema Goalball

amerikanische Goalball Seite 

Goalball auf der Seite der Paralympics 

9. Sportart Rudern

Beim Rudern handelt es sich um eine integrative Sportart. Sportler können im Zweier, Vierer oder Achter rudern. In einem Boot, in dem eine Person oder mehrere Personen mit Sehbeeinträchtigung mitrudern, gibt es einen sehenden Lotsen. Mittlerweile haben sich viele Rudervereine etabliert, in denen inklusiv Sport getrieben wird.

Der Sehsinn wird für das Erlernen der Bewegungsabfolge nicht benötigt. Auch Sehende rudern mit dem Rücken zum Ziel und haben in vielen Bootsklassen einen Steuermann an Bord. Ein Mensch der blind ist und mit dem Rudersport beginnt tastet zunächst das Boot am Ufer ab. Danach kann das Boot zu Wasser gelassen werden. Zur Orientierung werden die Rudergriffe taktil markiert, um die Lager der Ruder um die Achsen zu erfühlen.

Rudern bietet als Sportart neben dem Mannschaftserlebnis vor allem das Naturerleben. Rudern vereint eine ganzkörperliche Belastung mit äußerst geringem Verletzungspotential.

Seite des deutschen Ruderverbandes

Rudern für Menschen mit Blindheit

Rudern als inklusives Sportangebot

Ruderverein Zinfandel

Oldenburger Ruderverein

Blind Rudern auf der Mosel

Blinden- und Sehbehindertenwassersportgemeinschaft Moers e. V.

Deutscher Olympischer Sportbund

Rudern für Menschen mit Sehschädigung

Warum Rudern für Menschen mit Sehschädigung?

Zeitungaartikel über das Rudern für Menschen mit einer Sehschädigung

9.1. Erfahrungsbericht zur Sportart Rudern

Ich habe irgendwann einmal vom Blindenwassersport gehört und wollte gerne mal testen, wie viel Spaß ich am Paddeln und Rudern habe! Dann habe ich mich bei diesem Verein angemeldet. Zum Vereinstreffen fahre ich selten mit dem Bus. Meistens fahre ich mit dem Taxi oder werde mitgenommen!

Das erste Mal im Ruderboot war für mich sehr spannend. Ich habe gedacht, je mehr ich mich bewege, umso schneller fährt das Boot mit mir! So hab ich eigentlich viel zu viel geruckelt und geschaukelt! Da kamen wir dann natürlich nicht so schnell auf Touren!

Zwischen Kajak und Ruderboot gibt es einen Unterschied. Das Ruderboot ist viel größer und die Technik des Ruderns ist eine ganz andere. Ich finde, beim Paddeln ist die Bewegung ganz anders! Ich fahre lieber im Kajak / Paddelboot! Mit dem Paddelboot kommt man schneller voran und man merkt noch intensiver, wie man durch das Wasser gleitet! Im Paddelboot ist das mit der überflüssigen Bewegung noch deutlicher zu spüren, denn je mehr ich mich bewege, (vom Paddeln abgesehen,)um so mehr schaukelt das Paddelboot!

Ich finde, das Rudern ist ein Sport, der mehr Freude und Spaß zusammen mit Sehenden macht. Außerdem finde ich ist es schwierig für einen Blinden, die Orientierung auf dem Wasser zu haben, denn man ist ja nicht alleine unterwegs!

Meistens sind Sehende am Steg, die uns beim Einsteigen behilflich sind. Ob der Blinde oder der Steuermann zuerst ins Boot steigt, ist eigentlich egal. Hauptsache ist, dass man beim Einsteigen nicht herum zappelt und sich vorsichtig auf die Ruderbank setzt. Sobald das Boot zum Ablegen klar ist und alle, die mitfahren möchten, drin sind, gibt der Steuermann das Kommando, dass es jetzt los gehen kann.

Bis man dann richtig auf der Strecke ist, sagt der Steuermann, ob man mit beiden, dem rechten oder dem linken Ruder rudern muss, damit man nicht in die Uferböschung rudert. Es gibt auch eine Paddeltechnik! Für mich als Blinde war es am Anfang schwierig, das Paddel richtig zu drehen. Unser Trainer, Walter, hat es sehr gut verstanden, mir mit viel Geduld die Paddeltechnik beizubringen.

Es ist total wichtig, dass man beim Paddeln das Paddel kräftig von hinten nach vorne durch das Wasser zieht, damit das Boot in Fahrt kommt! Und das Paddel muss richtig in der Hand liegen! Gekentert bin ich bis jetzt noch nicht und ich bin schon seit 38 Jahren dabei! Ich denke schon, dass es eine Möglichkeit gibt, das Ufer zu finden, wenn man kentert, möchte es aber lieber nicht persönlich erleben! Das Miteinander und die Geselligkeit bereitet mir Freude daran, diese Sportart gemeinsam mit Sehenden auszuüben. Schön ist es auch, dass ich durchs Paddeln und Rudern das Gefühl genießen kann, über einen Fluss oder See zu fahren! Manchmal erzähle ich sehr gerne den Sehenden, welche Eindrücke ich beim Hören habe, wenn ich im Boot über das Wasser gleite. Was man gut können muss, wenn man die Sportart Rudern ausübt? Keine Angst vor eventuellem Schaukeln des Paddel- oder Ruderbootes haben! Man sollte nicht ganz ungelenkig sein!

Ein wenig Geduld ist auch erforderlich, bis man die Paddel- und Rudertechnik für sich verinnerlicht hat! Und, natürlich total wichtig!!! Vertrauen auf den Steuermann! 

(Ida für das ISaR-Projekt 2014)

 

 

10. Sportart Showdown

Beim Showdown (Tischball) handelt es sich um ein 1 zu 1 Spiel, das an einem Tisch gespielt wird. Der Spieltisch hat die gleichen Maße wie eine Tischtennisplatte (1,2m x 3,6 m) verfügt im Gegensatz dazu aber über abgerundete Ecken und ist von einer 14 cm hohen Bande umgeben. Auf beiden Endseiten gibt es ein Tor. In der Mitte ist oberhalb der Bande eine vertikale Platte angebracht. Unter dieser muss der Ball hindurch gespielt werden. Für jedes Tor gibt es 2 Punkte. Die Spieler*innen schlagen den rasselnden Ball mit einem rechteckigen Schläger.  Wird der Ball über die Trennwand in der Mitte oder über die Bande gespielt, dann gibt es einen Strafpunkt. Das Spiel wird dann mit einem Aufschlag fortgesetzt. Diese müssen genau einmal die Bande innerhalb der eigenen Spielhälfte berühren, damit sie gültig sind. Im Gegensatz zum Aufschlag können alle folgenden Angriffsbälle direkt, oder mit beliebig vielen Bandenberührungen gespielt werden. Beide Spieler*innen tragen eine Augenbinde. So können Spieler*innen mit unterschiedlichem Sehvermögen unter gleichen Voraussetzungen gegeneinander spielen.

Allgemeines über Showdown

Informationen über das Spiel

Spielregeln Showdown

Die Geschichte von Showdown in Deutschland

Showdown in verschiedenen deutschen Städten

Trainingszeiten des Berliner Blinden- und Sehbehindertensportverein

Adressen:

Dortmund-BSSV, Trainingszeit: Donnerstag 18 – 21 Uhr

Trainingsort: TU Dortmund
Fakultät Rehabilitationswissenschaften
Emil-Figge-Str. 50
44221 Dortmund
Raum 4.435 (4. Etage Gebäudeteil D)

Kontakt/Ansprechpartner: Carsten Bender
Tel: 0231 1388132

Internet: www.blindensportverein-dortmund.de

Showdown Leistungszentrum in Herne (NRW)

Adresse, Informationen und Termine

11. Sportart Torball

Bei der Sportart Torball handelt es sich um ein Mannschaftsspiel, das hohe Anforderungen an Konzentration, Koordination und Kondition stellt.

Die Mannschaften bestehen aus drei Spieler*innen und bis zu drei Ersatzspieler*innen. Die Spieler*innen sind gleichzeitig Werfer und Verteidiger. Gespielt wird mit einem 500 Gramm  schweren Klingelball. Alle Spieler*innen tragen eine Augenbinde, so dass der Ball über das Gehör geortet werden muss. Durch die Augenbinde werden für alle Spieler*innen gleiche Voraussetzungen geschaffen, unabhängig von ihrem Sehvermögen. Somit können Menschen mit und ohne eine Sehbeeinträchtigung diesen Sport gemeinsam betreiben.  

Das Spielfeld ist 7 Meter breit und 16 Meter lang. Das Tor erstreckt sich über die gesamte Spielfeldbreite und ist 1,30 Meter hoch. Vor den Toren befinden sich jeweils drei Matten, die der räumlichen Orientierung dienen sollen. Drei Leinen sind über die Breite des Spielfeldes gespannt. An den Leinen befinden sich Glöckchen zur akustischen Wahrnehmung bei Berührung durch den Ball. Der Ball wird unter den Leinen hindurch mit Schwung zum Gegner gebracht. Die Dauer eines Spiels beträgt 2 mal 5 Minuten. Nach 5 Minuten werden die Seiten gewechselt. Spielidee ist es den Ball unter den Leinen hindurch in das gegnerische Tor zu bringen. Das verteidigende Team versucht dabei den Ball abzuwehren und dann sofort in den Angriff überzugehen.  

Sobald der Ball eine der drei Leinen berührt, dann verursacht dies einen Strafwurf. Der Spieler, der den Strafwurf verursacht hat muss das Spielfeld verlassen. Nur noch 2 Spieler*innen verteidigen dann das Tor. Bei dreimaliger Leinenberührung müssen zwei Spieler*innen ihre Matten verlassen, und so ist einer allein für die Verteidigung des ganzen Tores verantwortlich. Torball ist ein sehr schnelles Spiel, da der Ball nur für 8 Sekunden auf einer Seite des Spielfeldes verbleiben darf.

Allgemeine Informationen zum Thema Goalball

Regeln Torball

Schweizerische Torballvereinigung

Informationen vom DBSV

Berlinder Blinden- und Sehbehindertensportverein

Seite von torballsport.de

Blinden- und Sehbehinderten Sportverein Dortmund

Informationen über den Unterschied von Goaball und Torball

Torball beim Blinden- und Sehbehindertenbund in Hessen

 

11.1. Erfahrungsbericht Torball und Showdown

Bericht über einen Besuch beim ISC Viktoria Dortmund - Kirchderne e.V.

Ich studiere an der TU Dortmund Lehramt für Sonderpädagogik und habe über eine Kommilitonin von den Sportarten Torball und Showdown (Tischball) erfahren. Sie spielt aktiv im Verein Dortmund Kirchderne und ich habe sie dort besucht. Bei diesem Besuch habe ich zunächst zugeschaut und später konnte ich auch mitspielen. Sowohl beim Torball, als auch beim Showdown tragen alle Sportler*innen eine Augenbinde, um die Chancengleichheit zwischen allen Mitspieler*innen mit ihren unterschiedlichen Sehbedingungen zu gewährleisten. Wie der Name des Vereins „Integrationssportclub“ sagt, sind alle Interessierten herzlich willkommen. Alle die Lust haben können aktiv mitspielen, sich als Schiedsrichter*in oder als Unterstützung (Hilfestellungen, Bälle wieder beschaffen) engagieren.

Bei meinem Besuch war es spannend zu beobachten, wie sich die Mitspieler*innen beim Torball über Klopfen auf den Hallenboden darüber verständigt haben, welche Positionen sie einnehmen. Im Ball ist eine Klingel, damit man ihn hören kann. Darüber habe ich mir vorher gar keine Gedanken gemacht. Wenn man einem Mitspieler oder einer Mitspielerin den Ball zuwerfen möchte, schüttelt man ihn erst, damit derjenige weiß, aus welcher Richtung der Ball kommt. Deshalb ist es auch wichtig, dass die sonstige Umgebung ruhig ist.

Beim Torball habe ich nur zugeschaut, beim Showdown habe ich dann auch aktiv mitgespielt. Showdown ist ähnlich wie Tischtennis. Man spielt es zu zweit an einem Tisch. An jedem Ende des Tisches befindet sich eine Ausbuchtung, die als Tor fungiert. Desweiteren verfügt der Tisch über eine Mittelbande. Jeder Spieler/ jede Spielerin bekommt einen Schläger und die Aufgabe ist es, den Ball so über den Tisch zu schlagen, dass er in das Tor des Gegners gelangt. Dabei muss der Ball unter der Mittelbande hindurch. Der Gegner versucht sein Tor zu verteidigen. Auch der Ball beim Showdown macht Geräusche. Am Anfang konnte ich mich schlecht allein mit dem Gehör orientieren und habe den Ball kaum getroffen. Mit der Zeit habe ich mich auf das Geräusch vom Ball konzentriert und es hat mir viel Spaß gemacht. Ich kann es jedem der einmal eine ganz neue sportliche Erfahrung wagen möchte empfehlen einmal Showdown zu spielen. Ich jedenfalls freue mich schon darauf demnächst den Sport wieder zu betreiben.

(Lena für das ISaR-Projekt 2014)

12. Fußball

Beim Fußball für Menschen mit Blindheit spielen zwei Mannschaften mit jeweils fünf Spieler*innen gegeneinander. Alle Feldspieler*innen spielen mit einer Augenbinde, so werden für alle gleiche Voraussetzungen hergestellt.  Der Torwart ist ein sehender Sportler, der ohne Augenbinde spielt. Interessant an dieser Sportart ist unter anderem das gemeinsame Spiel von sehenden und blinden Menschen.  Das Tor ist drei Meter breit und zwei Meter hoch und wird von einem 5 x 2 Metern großen Torraum umgeben. Der Torwart muss während des Spiels im Strafraum bleiben. Strafstöße werden von einem Punkt sechs Meter vom Zentrum des Tors entfernt ausgeführt. Vor einem Strafstoß, klopft der Torhüter mit einem Stock links und rechts an die Pfosten, um die Orientierung für den Schützen zu erleichtern.

Der Ball, der verwendet wird, ist im Inneren mit Rasseln versehen und dadurch hörbar. Dieser Ball ist deutlich schwerer und kleiner als ein Fußball. Dies hat den Effekt, dass der Ball nicht so hoch springt und er nahe am Fuß geführt werden kann.

Es gibt mannschaftseigene Guides, die hinter dem gegnerischen Toren positioniert sind. Diese dirigieren die angreifenden Spieler*innen über Zuruf. Der Torwart gibt den Feldspieler*innen Anweisungen für die Verteidigung. Das Mittelfeld wird über den Trainer von der Seitenlinie aus gesteuert. Die Spieler*innen können sich weitere Orientierung über ca. 1.10 Meter hohe Banden verschaffen, die das ganze Feld umgegeben.  

Damit es zu keinen Zusammenstößen kommt, dient das international verwendete Wort 'VOY' als verbindlicher Zuruf, wenn sich ein Spieler oder eine Spielerin dem Ballführenden nähert und ihn oder sie angreift. Zur Sicherheit tragen alle Spieler*innen einen Kopfschutz.

Wichtig für das Spiel sind daher: ein gutes Gehör, ein ausgeprägter Orientierungssinn, Körperbeherrschung und ein enger Kontakt zu dem Ball.

Es gibt insgesamt drei Schiedsrichter. Der dritte Schiedsrichter sitzt am Spielfeldrand. Seine Aufgabe ist es, die Zeit und Time Outs zu nehmen, Auswechslungen vorzubereiten und den Spielbericht zu machen. Im Fußball für Menschen mit Blindheit gibt es keine Abseitsregel. Die beschriebene Sportart wird von dem Internationalen Blindensportverband IBSA organisiert.

 

Interessante Links:

Frag doch mal die Maus - Blindenfußball

Blindenfußball Bundesliga

Blindenfußball-Online

Von Regina Hillmann ist 2013 das Buch "Fußball einmal anders gesehen - Wie erleben Blinde Fußball" im Kern Verlaqg erschienen. Hier geht es darum, wie Fußballfans mit Blindheit das Spiel im Stadion erleben.

Zur Verlagsmeldung

13. Erfahrungsbericht zur Sportart Blindenfußball

Ich bin 22 Jahre alt und studiere seit zwei Jahren Philosophie und Geschichte. Später möchte ich als Lehrer an eine Regelschule gehen. Ich habe in Aachen die Schule besucht. Das war eine Regelschule und ich war dort Schüler im Gemeinsamen Unterricht. In Aachen habe ich auch mein Abitur gemacht

Ich bin vollblind und habe zwei Glasaugen, bin aber mit einem Auge geboren worden. 2009 wurde mein Auge entfernt. Seit 2009 habe ich  meinen  Blindenführhund. Ihn, einen Labrador, hatte ich schon in der 12. Klasse. Er hat also sozusagen mit mir Abitur gemacht und er studiert auch mit mir. Ich habe mehrere Studienassistenten für  insgesamt 15 Stunden pro Woche. Die Assistenten setzen vor allem die große Menge an Literatur um, die ich für meine Studienfächer benötige.

Beim Studium der Geisteswissenschaften sind meiner Erfahrung nach um die 16 Wochenstunden normal, die man für Seminare aufwendet. Es wird erwartet, dass man freiwillig zuhause liest.

In der Freizeit treffe ich mich mit Kommilitonen und spiele Showdown. Ich hatte auch schon Gitarrenunterricht und habe am Hochschulsport teilgenommen.

Blindenfußball gibt es nicht in jeder Stadt. Ungefähr seit sechs Jahren ist es in NRW im Kommen, deshalb gibt es noch nicht so viele Vereine. Bekannt sind mir zum Beispiel Vereine in Dortmund, Köln und Gelsenkirchen. Manchmal gibt es auch sogenannte Spielgemeinschaften. Man muss, um den Sport ausüben zu können, auf jeden Fall lange Strecken und Zeit in Kauf nehmen.

Ich war schon immer ein Fußballfan und habe immer gerne als Sehender Fußball gespielt. Irgendwann ging das wegen des schlechter werdenden Sehens auf dem einen Auge nicht mehr so gut. Dann habe ich irgendwann davon erfahren, dass in Köln eine Blindenfußballmannschaft aufgebaut werden sollte und bin da hingefahren. Einmal pro Woche haben wir in einer Soccerhalle trainiert. Die Akustik war da allerdings nicht so gut. Ein sehbehinderter Fußballspieler hat die Mannschaft geleitet. Dann haben wir irgendwann einen sehenden Trainer bekommen. Mittlerweile spielt man in einer richtigen Saison von März bis Juli mit mehreren Wochenend-Spieltagen. Das sind richtig ernstzunehmende Turniere.

Man darf beim Blindenfußball keine Angst haben, mit jemand zusammen zu prallen. Man hat einen Schutz am Kopf für die Stirn, Schienbeinschoner sowie die allgemeine Fußballkleidung. Das Spielfeld ist etwa halb so groß wie ein Fußballfeld. Der Torwart muss sehend sein. Seine Aufgabe ist es, im Abwehrdrittel die Spieler zu coachen. Es gibt außerdem einen Mittelguide, der ruft den Spielern im Mitteldrittel Anweisungen zu. Und es gibt den Torguide, der koordiniert die Stürmer.

Am Anfang macht man Orientierungsübungen, auf und ab gehen, auf und ab joggen, aufwärmen und das Spielfeld ablaufen. Man kann sich an den Guides orientieren, sie sind drei Orientierungspunkte. Ich habe momentan nicht die Zeit zum Trainieren und möchte es auch nicht als Leistungssport machen. Ich mag Mannschaftssport sehr gerne und es ist viel raffinierter zu spielen als Showdown, man muss sich körperlich anstrengen und viel rennen. Es ist ein ruppiger, körperbetonter Sport, man darf keine Hemmungen haben. Man sollte sich bewegen wollen, Kondition aufbauen, Lust auf Mannschaftssport haben und Konflikte austragen können. (Philipp für das ISaR-Projekt 2013)

14. Sportart Klettern

Klettern wird heute meist als Sport betrieben und kann in verschiedenen Umgebungen stattfinden.

So gibt es zum Beispiel fast in jeder Stadt Kletterhallen, in denen die Sportler*innen vorbestimmte Routen klettern können. Diese Routen sind je nach Schwierigkeitsgrad gekennzeichnet und so ist von Anfänger bis Profi für jeden etwas dabei. Natürlich wird man beim Klettern immer von einem Partner mit einem Seil gesichert. Einzige Ausnahme bietet das sogenannte Bouldern, bei dem nur in Absprunghöhe, vor allem in der Vertikalen, geklettert wird. Zusätzlich liegen hier Matten, sogenannte „Crashpads“, unter der Kletterwand, so dass Absprünge keine Verletzungen nach sich ziehen.

Auch die sogenannten Kletterparks erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Diese Parks haben meist einen großen Erlebnischarakter und sind so angelegt, dass die Kletterer Abenteuerliches erleben. Hier gilt es zum Beispiel Bäume zu erklimmen, sich auf Seilen vom einen Baum zum nächsten zu bewegen oder mit der Seilbahn zu fahren. Oft sind auch Kletterhindernisse auch nur in gemeinschaftlich, zum Beispiel in zweier Teams zu bewältigen.

Klettersport gibt es nicht nur in dafür ausgelegten Anlagen, sondern auch in natürlicher Umgebung. Klettern kann man zum Beispiel an Felswänden, an Gebäudefassaden, in Gletschern oder sogar in Höhlen.

Aufgrund der besonderen Anforderungen an den Tastsinn, die das Klettern an den Sportler stellt, kann diese Sportart inklusiv ausgeübt werden. Das Ertasten von geeigneten Felsvorsprüngen oder Griffen zum Festhalten und um seine Füße sicher zu platzieren ist für den sehenden Sportler genauso wichtig, wie für den nicht sehenden. Der Tastsinn steht beim Klettern klar im Vordergrund und führt so zu einem Körpererlebnis der besonderen Art.

 

Homepage von Andy Holzer (blind climber)

TV Ausstrahlung

15. Sportart Tanzen

Tanzen ist eine Art der Bewegung, die Menschen schon immer begeistert hat und aus der sie Kraft schöpfen können. Schon in frühen Zeiten wurde in Form von Fruchtbarkeits- und Jagdritualen, aber auch in Form von standardisierten Bewegungsabläufen zu Musik getanzt.

Natürlich entwickeln sich immer mehr Tanzrichtungen parallel zu den Stilrichtungen der Musik, aber eines haben sie alle gemeinsam, den Ausdruck durch den Körper. Der Tanzsport bietet ausgelassene Bewegung und eine einzigartige Möglichkeit des Gefühlsausdrucks.

Dass man beim Tanzen vor allem ein Rhythmusgefühl braucht, wird schnell klar, schließlich bewegt man sich im Takt der Musik, sei es beim Tango, beim Walzer, Hiphop oder bei den vielfältigen anderen Tanzstilen.

Einen besonderen Erlebnischarakter bieten Tanzrichtungen, die im Paartanz getanzt werden, wie z. B. der Tango oder der Rock’n’Roll. Hier ist auch ein Gefühl für die eigenen und auch die Bewegungen des Tanzpartners beziehungsweise der Tanzpartnerin wichtig.

Zeitungsartikel über das Tanzen

15.1. Erfahrungsbericht zum Thema "Tango"

Sport frei – Wie mich der Tango fand

Tango Argentino, das ist doch dieser Tanz, bei dem man sich asynchron und außerhalb des Taktes zu kitschiger Musik bewegt - kann man das überhaupt als Sport bezeichnen? Mein Kumpel Matze hatte sich seine Meinung schon vorgefertigt, als er diese rhetorische Frage stellte. Tango ist... sehr geschmeidig, sehr elegant und sehr sinnlich, wollte ich ihm gerne sagen, aber statt dessen habe ich ihn lieber darauf hingewiesen, dass er einfach mal drei Stunden auf hohen Hackenschuhen durchtanzen und dabei seine Waden- sowie Stützmuskulatur im Rumpfbereich beobachten sollte anstatt blöde Kommentare abzugeben.

Er hat das natürlich nie getan. Selber schuld, denn mich hält der Tango gefangen, seit er mich - in Person des Tanzlehrers Augusto - ganz zufällig gefunden hat.

Augusto ist Chilene, Mitte sechzig (als wir uns das erste Mal begegnen) und sieht ein bisschen so aus wie Albert Einstein. Er hat vorher Salsa unterrichtet, aber das geht irgendwann an die Konditionsgrenze, wenn man es den ganzen Tag betreibt. Also Tango!

Irgendwann hatte er mal die Idee, Menschen mit Blindheit unterrichten zu wollen, denn auch seinen sehenden Schüler*innen gelingt es wesentlich besser, sich auf die Bewegungen ihre Partner*innen einzulassen, wenn sie z.B. unter einer Augenbinde nicht von anderweitigen optischen Reizen abgelenkt werden. Und da kam ich ganz unerwartet ins Spiel.

Falsch, zuerst mein Führhund, der seinen Freilauf mal wieder dazu nutzte, unter Augustos Studiofenster Dönerreste zu verschlingen. Wo ein Blindenhund, da ist auch eine Blinde, dachte Augusto, ließ alles stehen und liegen und rannte nach unten, aber da war das Spreeufer schon wieder leer, denn der Hund hatte aufgefressen und seine wutschnaubende Besitzerin nach Hause geführt. In den nächsten Tagen bekam ich von ganz verschiedenen Hundebesitzerinnen Visitenkarten zugesteckt. Mich würde ein Tangolehrer suchen, sagten sie. Ich dachte an einen schlechten Scherz, rief aber doch an.

Augusto ist der Meinung, jeder Frau innerhalb von zehn Unterrichtsstunden soviel Tango beibringen zu können, dass sie auf einer Milonga (Tangotanzveranstaltung) abends mittanzen könne. Ob wir beide ausprobieren wollten, ob das auch bei Menschen mit Blindheit klappen würde?

Natürlich klappte es, denn beim Tango geht es noch viel mehr als bei anderen Paartänzen um gutes Führen auf der einen und gefühlvolles Folgen auf der anderen Seite. Es wird keine Abfolge feststehender Figuren „abgetanzt“, es wird Schritt für Schritt improvisiert. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Figuren zu erlernen gäbe, sondern, dass man als Folgende – auch wenn man „Ochos“, „Moulinette“ oder „Bicicleta“ noch so gut eingeübt hat –nie wissen kann, wie der Führende Schrittfolgen, Drehungen und Techniken am Ende kombiniert. Für die Führenden, die übrigens nicht unbedingt immer männlich sein müssen, bedeutet das, nicht nur ihre eigenen Füße in den Griff zu kriegen, sondern permanent ihre Choreographie weiterführen und v. a. an die folgende Person „verkaufen“ zu müssen. Während bei den Führenden also klare Signale gefragt sind, kommt es beim Folgen auf größtmögliche Sensibilität für die Bewegungen des Tanzpartners an, um die Impulse augenblicklich in und im besten Fall auch noch elegante Bewegungen umsetzen zu können. Dabei sind die Folgenden insgesamt deutlich mehr in action als die planerische Führungsinstanz insbesondere bei Drehungen. Auch wenn Augusto bestimmt Recht damit hat, dass es deutlich schneller geht, das Folgen zu erlernen, bin ich wahrscheinlich nicht die letzte Tangoschülerin gewesen, die sich in der ersten Übungsstunde gefragt hat, wie aus dem Stolpern über die eigenen Füße jemals eine geschmeidige Fließbewegung werden sollte. Tango zu lernen dauert, aber er ist es wert, denn zu dieser so eigenen Musik gemeinsam dahinzugleiten hat tatsächlich etwas Magisches.

Augustos Unterrichtstil ist gewöhnungsbedürftig, aber sehr blindentauglich. Er ist kein Mann weitschweifender Erklärungen, sondern greift sich Führende wie Folgende einzeln heraus und tanzt einfach mit ihnen, bis sich die Bewegungen ins Körpergedächtnis eingebrannt haben. Für das Erlernen der tangotypischen Verzierungen, die die Tänzerin beispielsweise in Form von Häkchen am Bein des Partners oder während sie auf ein neues Signal wartet, auch an ihrem eigenen Bein oder auf dem Boden ausübt, führt Augusto den Fuß seiner Schüler*innen mit Blindheit mit der Hand. Es ist zweifelsohne einfacher, die Figuren zu verstehen, wenn man sie bei anderen Tanzenden anschauen und bei sich selbst mit einem Blick in den Spiegel überprüfen kann, anstatt alles sprichwörtlich „begreifen“ zu müssen, aber dafür ist der Erfolg nachhaltig!

Mittlerweile sind wir auch nicht mehr zu zweit, sondern haben den wöchentlich stattfindenden inklusiven Workshop „Tango Sehnix“ etabliert, bei dem Augusto immer wieder aufs Neue beweisen kann, dass es wunderbar klappt mit Menschen mit Blindheit und dem Argentino. So ganz verwunderlich ist das ja auch nicht, wenn man bedenkt, dass es vermutlich keine andere Personengruppe gibt, die so sehr an das „Geführtwerden“ gewöhnt ist. Die deutlich größere Herausforderung bleibt wohl das blinde Führen – das funktioniert im großen Übungssaal relativ unfallfrei, dürfte aber auf überfüllten Tanzflächen durchaus die eine oder andere lustige Karambolage zur Folge haben...

Bleibt also nur noch die Frage zu beantworten, ob Tango wirklich als Sport durchgeht. Wahrscheinlich nicht so sehr wie Quickstep oder Rock’n Roll, denn Tango ist eine langsame Angelegenheit, die aber trotzdem jede Menge Körperarbeit, v. a. Gleichgewicht und Koordinationsvermögen erfordert. Vor allen Dingen die dreiecksförmige Tanzhaltung, bei der sich beide Partner quasi aufeinanderlehnen und gegenseitig vor dem Umkippen bewahren, hat es am Anfang in sich. Allerdings kommt diese eher im schummrigen Licht der abendlichen Milongas und weniger in der Übungssituation zum Einsatz. Und wie gesagt – wer das Laufen auf (sehr) hohen Hackenschuhen bzw. das Halten auf den Ballen nicht gewöhnt ist, wird auch das zweifelsohne in den Beinen merken! Ja, irgendwie ist Tango also ein Sport, aber er ist eben noch viel mehr!

(Sport-Erfahrungsbericht von Hannah für das ISaR-Projekt 2017, Erstveröffentlichung in: Jugend-Punktschriftzeitung "Die Brücke")

16. Erfahrungsbericht zum Thema "Bogenschießen"

Mein Name ist Dirk, ich bin 50 Jahre alt und blind. Früher war ich zuerst Maurergeselle, dann Polier beim Hochbau und schließlich Maurermeister. Irgendwann hatte ich Durchblutungsstörungen. Es hat etwa ein Jahr gedauert und ich hatte nur noch ein Sehvermögen unter 2 Prozent. Meinen Job konnte ich nicht mehr machen.

Über den Blinden- und Sehbehindertenverein habe ich die Fortbildung „Wir sehen weiter“ gemacht. Dabei wird man Berater für Blinde und Sehbehinderte. Das war aber erst fünf Jahre, nachdem ich erblindet war. Heute brauche ich auch Hörgeräte. Seit 2011 bin ich Beisitzer im Vorstand eines Blinden- und Sehbehindertenvereins.

Früher bin ich viel mit dem Motorrad oder Auto gefahren. Nach Finnland, Schweden oder Holland. Man kann ja nicht nur zu Hause sitzen. Als ich blind war, ging das nicht mehr. Meine Mutter hat eines Tages eine Zeitungsannonce gelesen. Darin stand, dass es einen Stammtisch für Blinde und Sehbehinderte gibt. Ich bin mit dem Zug hingefahren. Allein.

Über Gespräche beim Stammtisch habe ich vom Bogenschießen erfahren. Seitdem bin ich auch in diesem Verein. Der Trainer Klaus hat für uns ein Hilfsmittel zum Bogenschießen hergestellt. Er hat ein Brett genommen und zwei Leisten darauf geschraubt. Beide Füße stellt man an die lange Leiste. Dann weißt du immer, dass deine Füße schulterbreit auseinander stehen. Auf das Brett ist auch ein sogenannter Galgen montiert. Er besteht aus einer senkrechten Stange mit einer halbrunden Halterung für dein Handgelenk.  Du weißt also, dass deine Hand zum Bogenschießen schon auf der richtigen Höhe ist, um die Zielscheibe zu treffen. Man kann noch variieren, indem man das Handgelenk hebt oder senkt.

Du schießt und der Pfeil trifft. Ein sehender Helfer sagt mir, wo ich getroffen habe. Zum Beispiel auf vier Uhr blau. Dann kann ich wieder ein wenig variieren, um in die Mitte der Zielscheibe zu treffen.

Wir sind eine Gruppe mit sehenden und blinden Sportler*innen. Das Besondere an diesem Sport ist für mich, dass ich weder meine Augen noch mein Gehör brauche. Ich kann das Bogenschießen nur empfehlen. Man kann mal sehen, dass man Erfolg haben kann. Berührungsängste haben wir im Verein auch nicht. Jugendliche oder Erwachsene, die das Bogenschießen probieren möchten, sollen gerne vorbei kommen.

 

(Dirk für das ISaR-Projekt 2014)

17. Sportart Tauchen

Ob Tauchen als Freizeitvergnügen oder als "Sporttauchen" ausgeübt werden kann, ohne gesundheitliche Risiken einzugehen, sollte mit dem behandelnden Augenarzt abgeklärt werden.

Beim Apnoetauchen hält der Taucher die Luft an und wird nicht künstlich mit Sauerstoff versorgt. Beim "Schnorcheln" hingegen kann man kurz unter der Wasseroberfläche schwimmen und durch den "Schnorchel" Luft holen. Beim Gerätetauchen kann der Tauchen sehr lange unter Wasser bleiben, weil er mit Atemgas versorgt wird. Er trägt einen Tauchanzug und ein Drucklufttauchgerät.

Sowohl Freizeit- als auch das Sporttauchen wird auch für Sportler*innen mit Sehbeeinträchtigung und Blindheit angeboten. Manche Tauchvereine bilden zum "Tauchbegleiter für Menschen mit Behinderungen" aus. Sie bieten Seminare, Workshops und Zusatzqualifikationen an. Informieren kann man sich beim "Verband deutscher Sporttaucher".

Homepage Verband deutscher Sporttaucher

International Association for Handicapped Divers (IAHD)

Lippischer Blinden- und Sehbehindertenverein

18. Sportart Rhönrad

Ein Rhönrad besteht aus zwei miteinander verbundenen Reifen. Die Reifen sind durch sechs Sprossen verbunden. Es gibt Rhönräder in verschiedenen Größen. Ein*e Rhönrad-Sportler*in kann auf einer Sprosse stehen und sich an sogenannten Bindungen (Lederschlaufen) festhalten. Es gibt drei Disziplinen.

Beim Geradeturnen rollt das Rad auf beiden Reifen. Der Sportler/ die Sportlerin vollführt dabei ähnliche Elemente wie beim Reckturnen oder Barrenturnen. Beim Spiraleturnen wird das Rhönrad auf einem der Reifen bewegt. Beim Sprung schließlich wird das Rad angerollt, Turner*innen lassen sich vom Rad im Schwung hochziehen und springt dann ab.

"Zunächst wird das Rhönrad mit den Händen erkundet, ehe mit leichten Schaukelübungen unter Hilfestellung begonnen wird. Danach erfolgt das Gehen im Rad, anschließend Schwungübungen, das Drehen im Rad (...)." Zitat und Quelle: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband)

Einen Zeitungsartikel des Flensburger Tageblatts, in dem es um einen "Rhönrad-Schnupperkurs" sehbeeinträchtigter Schüler*innen aus Flensburg geht, finden Sie hier.

Die Broschüre "Sport und Spiele für blinde und sehbehinderte Menschen" vom DBSV finden Sie hier.

19. Sportart Tandem-Snowboarden

Beim Tandemsnowboarden fahren zwei Snowboarder*innen zusammen auf einem speziell dafür vorgesehenen, stabilen Snowboard. Dabei steht der Vorderfuß des Hintermannes zwischen den Füßen des Vordermannes. Die Füße sind fest angeschnallt. Der hinten auf dem Brett stehende Snowboardfahrer mit Blindheit, greift mit beiden Händen unter den Achseln des vorne stehenden Fahrers durch und hält sich an dessen Schultern fest. Es gibt speziell von Snowboardschulen ausgebildete Tandem-Snowboard-Lehrer*innen, die über den sogenannten "Tandemschein" verfügen.

DBSV-Info zur Sportart

20. Erfahrungsbericht zum Inlineskaten von Volker Springhart

1998 startete ich die Inlineraktivitäten für Schüler*innen mit Sehbeeinträchtigung und Blindheit am Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte in Nürnberg, jedoch nicht als Lehrer sondern als Heimleiter für die Betreuten im Internat und der Tagesstätte.(...) Auch jetzt noch findet in der Freizeit einmal pro Woche eine Inlinerstunde für die Betreuten in der Tagesstätte und im im Internat des bbs Nürnberg statt. Ehemalige Schüler*innen des Bildungszentrums für Binde und Sehbehinderte trainieren seit mehr als 10 Jahren beim 1. FCN Roll- und Eissport e.V. sowohl in einer eigenen Blindensportgruppe als auch in den Sportstunden des Vereines mit.

Inlineskaten ist eine ausgezeichnete Sportart und Bewegungsmöglichkeit für Menschen mit Blindheit, Voraussetzung ist eine sehende Begleitung oder ein Platz mit spezieller Abgrenzung, wie er sowohl im Verein als auch am Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte vorhanden ist. Mit sehender Begleitung ist für Menschen mit Blindheit Inlineskaten an allen Orten, an denen auch sehende Inlineskater fahren, die Ausübung dieser Sportart möglich.

Inlineskaten lernen ist für Menschen mit Blindheit eine besonders individuelle Angelegenheit. Der Körper muss neue Bewegungsmuster kennenlernen und einüben. Der Körper muss zunächst lernen, sich auf den Rollen bewegen und halten zu können und automatisch zu reagieren. Da hilft Bewegung am Platz mit Musik in der Gegenüberstellung und Handhaltung. Ein allgemein gültiges Unterrichtskonzept könnte ich auch mit meiner jahrelangen Erfahrung nicht erstellen. Manchmal geht es mühsam, manchmal schneller, aber immer die glücklichen Gesichter bei jedem positiven Lernfortschritt zu sehen, motiviert den Lehrenden.

Für den Sportunterricht an Schulen empfehle ich eher das Waveboard.

Die Webseite von Volker Springhart werden die Aktivitäten beschrieben. Inklusion im Sport ist derzeit ein großes Thema. Wir betreiben es schon seit mehr als 10 Jahren im Sportverein und der Deutsche Rollsport und Inlineverband hat vor 10 Jahren in seine Wettkampfordnung besondere Regelungen für Sportler*innen mit Behinderung aufgenommen. Im kommenden Jahr ist es 10 Jahre her, dass die ersten Deutschen Meisterschaften im Speedskaten für Sportler*innen mit Sehbeeinträchtigung und Blindheit durchgeführt werden. Jährlich wurden im Rahmen von Wettkämpfen des Verbandes auch Deutsche Meisterschaften für Menschen mit Blindheit und Sehbeeinträchtigung auf der Bahn und der Straße durchgeführt. Wenn vollblinde Menschen nur an der Hand geführt Geschwindigkeiten bis zu 30 km / h erreichen und Wettkämpfe auf der Marathondistanz mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h durchstehen können, dann ist das der Beweis, dass Inlineskaten ein toller Sport für Menschen mit Blindheit ist. Das Problem dabei ist, dafür und fürs Training Begleitläufer zu finden.

Meiner Sportgruppe stehe ich auch mit 73 Jahren noch als Trainer zur Verfügung, jedoch nicht mehr als Begleitläufer; da haben mich doch die Mitglieder meiner Sportgruppe an Leistungsfähigkeit überholt.

Volker Springhart, November 2016

21. Menschen mit Blindheit fahren Sulky

An dieser Stelle fragen sich sicher viele, können Menschen mit Blindheit dies denn überhaupt?

Warum denn nicht, haben Reinhard Tank, Tomas Hartl, Lars Lorenz, Guido Bonatz und Detlef Peters sich gefragt.

Alle fünf Männer setzten sich intensiv dafür ein, dass diese Idee, dass Blinde auch am Trabsport teilnehmen können erstmalig in Deutschland auch umgesetzt werden konnte. Um diesen Traum auch realisieren zu können, erhielten sie von "Aktion Mensch: Die Gesellschafter" (www.diegesellschafter.de) und von "Gemeinschaft deutscher Blindenfreunde e. V." (www.blindefreunde.de) eine finanzielle Unterstützung.

Am 31.05.2017 um 17.00 Uhr wurde der Traum Wirklichkeit, dass fünf Menschen mit Blindheit in Pferdesportpark Berlin Karlshorst an diesem Rennsport herangeführt wurden (www.pferdesportpark-berlin-karlshorst.de).

Der Trainer Guido Bonatz stellte uns die neun jährige Stute Jojo vor. Jeder einzelne Mensch mit Blindheit dürfte sie mit seinen Händen betasten. Er zeigte uns dann, wie man das Pferd, bevor man es vor einen Sulky spannt, fürs Trabrennen vorbereitet. Auch das durften wir mit unseren Händen ertasten. Er räumte uns auch die Möglichkeit ein, zu jedem Arbeitsschritt Fragen zu stellen.

Die Stute Jojo zeigte sich uns gegenüber sehr geduldig.

Nachdem die Stute fürs Vorspannen vor einem Sulky vorbereitet worden war, ging es dann zum eigentlichen Highlight über.

Wir durften uns neben dem Trainer Guido Bonatz auf den Sulky setzen. Er legte uns die Zügel in die Hände und zeigte uns dann, wie man mit ihnen verfährt, damit das Pferd sich in Bewegung setzt. Jetzt musste nur noch ein Helm und eine Schutzbrille aufgesetzt werden und die Fahrt konnte losgehen.

Das Steuern als Mensch mit Blind eines Sulkys kann nur geschehen, wenn man den Trainer neben sich sitzen hat. Er erteilt dem Blinden die Richtung. Der Mensch mit Blindheit kann dann selbstständig die Zügel je nach Bedarf betätigen.

Ein Mensch mit Blindheit wird einen Sulky ohne Unterstützung von einem sehenden Menschen nicht lenken können. Dennoch wird ein Mensch mit Blindheit in der Lage sein, das Pferd durch Informationen, die vom Sehenden erfolgen, lenken zu können.

Auf solch einem Sulky sitzen zu können und ihn zu lenken ist ein Gefühl von Freiheit.

(Erfahrungsbericht von Silja Korn)

zur Webseite von Silja Korn

22. Blindentennis

Tennis für alle! Das sogenannte Blindentennis wurde in den 80er Jahren in Japan erfunden und hat vor Kurzem auch seinen Weg nach Deutschland gefunden. Damit jeder mitspielen kann, wird ein etwas größerer, weicherer Ball verwendet. Dieser ist mit klingelnden Metallstäbchen gefüllt, damit man ihn gut im Raum lokalisieren kann. Außerdem wird auf einem etwas verkleinertem Feld gespielt und die Außenlinien sind durch eine kleine Erhebung taktil erkennbar. Ansonsten sind die Grundregeln wie sonst auch beim Tennis. Und es macht nicht nur Spaß: Durch das Spielen von Tennis können Menschen mit Blindheit und Sehbeeinträchtigung auch ihren Gleichgewichtssinn, ihre Orientierung im Raum und natürlich ihre Kondition und Koordination verbessern.

Mitmachen ist ganz einfach, zum Beispiel beim jährlich stattfindenden Blindentennis-Workshop in Köln, der im Mai 2016 seinen Auftakt hatte. Er wird vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) und der Gold-Kraemer-Stiftung im Rahmen des Projekts „Tennis für alle“ organisiert. Mittlerweile finden sich deutschlandweit immer mehr Spieler*innen und so konnten im Sommer 2018 sogar die ersten Nationalen Blindentennis-Meisterschaften in Löhne stattfinden. 

(Amelie für das ISaR-Projekt 2018)

 

Informationen beim DBSV

Blindentennisverein in Löhne

 

22.1. Erfahrungsbericht von Bastian zum Blindentennis

Ich bin 34, arbeite an einer Grundschule als Hilfshausmeister, muss Laub fegen und Büsche schneiden. Seit vier Jahren bin ich vollblind. Meinen Realschulabschluss habe ich in der Allgemeinen Schule gemacht, danach eine Lehre als Tischler. Dann ging das wegen der Erblindung nicht mehr, ich war nur noch zu Hause. Ich habe in einer Kleinstadt als Gärtner angefangen. Nach drei Jahren konnte ich auf dem Bauhof als Gärtner arbeiten. Nach 9 Jahren wurde es dann mit dem Sehen immer schlechter. An meiner alten Realschule konnte ich noch halbtags arbeiten. Dann war ich ganz blind. Seitdem arbeite ich als Gärtner in der Grundschule im Heimatort. 

Ich habe früher – als ich noch sehen konnte - schon Tennis gespielt, daher wusste ich, wie ein Tennisfeld aussieht und wie die Bewegungsabläufe sind. Ich spiele seit 1,5 Jahren. Meine Mutter hatte in der Zeitung einen Bericht über Blindentennis gelesen. Ich habe den Trainer angerufen, der sofort sagte, komm vorbei. Ich muss allerdings gefahren werden, es sind 35 Kilometer.

Das erste Training? Ich war aufgeregt, hatte Angst, mich frei zu bewegen, frei zu laufen. Die haben von Anfang an gesagt, du kannst frei laufen. Wenn ein Hindernis kommt, schreien wir. Man hat, wenn man spielt, eine Dunkelbrille auf. B1 ist vollblind, B2 bis 2 Prozent und so weiter. Es gibt also auch Sehende, die spielen. Wir sind etwa 8 oder 9 Leute, zwei davon vollblind. Bei den Vollblinden darf der Ball dreimal aufticken, bei anderen zweimal. Das ging relativ gut am Anfang, nur mit der Art des Aufschlags vertut man sich zuerst, denn der Ball ist größer und leichter. Die Kraft muss anders dosiert werden als beim Tennis der Sehenden. In der Mitte hat der Softball einen Tischtennisball mit Metallplättchen drin. Wenn auf dem Nachbarplatz Teams spielen, ist das irritierend. Es sollte eigentlich leise sein, wenn gespielt wird, damit man den Ball hört. Wenn aber viele Felder nebeneinander sind, rasseln die Bälle der anderen Teams auch.

Ich hätte nie gedacht, dass Blindentennis so viel Spaß macht. Man bewegt sich, bleibt fit, es wird nie langweilig. Viele sagen, Blindenfußball zum Beispiel sei eher brutal. Das ist Tennis nicht. Es gibt keinen Neid, wenig Konkurrenz.

Der Trainer versucht, fast jedesmal etwas Neues zu erklären. Er möchte ja auch Techniken vermitteln. Wenn es nach seiner Erklärung nicht klappt, korrigiert er mit Worten. Besonders schwierig ist, dass nicht immer viele Ballwechsel zustande kommen. Wenn der Ball ins Aus geht, bleibt er zunächst dort liegen und wir nehmen einen neuen. Am Ende werden alle eingesammelt, dafür haben wir eine Ballkiste.

Kindern oder Jugendlichen, die sagen „Ich kann ja eh nichts machen, ich bin blind…“ würde ich sagen: Einfach mal ausprobieren. Ich kenne ganz viele Blinde, die sagen, Tennis ist nichts für mich. Die meisten, die es dann trotzdem ausprobiert haben, sind dabei geblieben. In Köln beim Workshop sind immer neue Gesichter. Die Workshops findet man unter Blindentennis Deutschland. 

 

Bastian für das ISaR-Projekt 2018

22.2. Erfahrungsbericht von Charlotte zum Blindentennis

Ich heiße Charlotte, bin 18 Jahre alt, habe dieses Jahr Abitur gemacht und habe vor, Sport zu studieren. Vielleicht mache ich zuerst meinen Master in Bielefeld und gehe dann auf die Sporthochschule nach Köln.

Ich habe von Geburt an eine Sehbeeinträchtigung. Mein Sehvermögen liegt etwa bei 5 bis 10 Prozent. Das heißt für mich, dass ich auf zwei Meter fast alles erkennen kann. Allerdings ist das Lesen sehr schwierig. Farben kann ich erkennen, aber ich bin extrem kurzsichtig.

Zu meiner Schullaufbahn kann ich sagen, dass ich in der Grundschule und im Gymnasium war. Also in allgemeinen Schulen. Meine Lehrer*innen wurden im Rahmen des Gemeinsamen Lernens beraten. Im Sportunterricht habe ich immer alles mitgemacht. Früher habe ich auch schon viel Leichtathletik gemacht. Seit 14 Jahren spiele ich Tennis mit Sehenden. Seit 2 Jahren gibt es bei uns das Angebot, im Verein Blindentennis zu spielen. Dabei muss man sich sehr aufs Hören konzentrieren.

Auf die Idee, Tennis zu spielen, kam ich durch meine Schwester. Sie hat damals schon Tennis gespielt und der Trainer hat irgendwann zu mir gesagt: „Komm doch mal mit.“ Da war ich erst 4 Jahre alt und alles war sehr spielerisch. Als jüngerer Spieler fängt man auf kleineren Feldern an zu spielen. Ab der C-Jugend dann wechselt man auf ein größeres Feld. Ich habe manchmal mit dem Trainer vorgearbeitet. Er hat mir Bewegungsabläufe erklärt.

Beim Tennis, egal ob Tennis mit Sehenden oder Blindentennis, bekommt man den Kopf frei. Man kann Sport treiben und abschalten. Besonders heute, weil ich die Grundlagen beherrsche und die Schläge alle kenne. Früher lief das Training auch mit vielen Erklärungen ab. 

Beim Blindentennis finde ich wichtig, dass man eine Platzbegehung macht. Das ermöglicht den Spieler*innen eine Orientierung innerhalb des Ortes. Mit den Vollblinden starten wir bei dieser Ortsbegehung in der Mitte des Tennisplatzes. Dann zählen wir die Schritte bis zum Netz vorwärts, rückwärts und seitwärts nach außen. Von Stunde zu Stunde wird dann die Vorstellung besser.

Ich bin Trainerin für sehende und blinde Spieler*innen. Man sollte meiner Meinung nach einfach Sportarten ausprobieren und nichts ausschließen. Man kann ja immer noch aufhören, wenn es einem nicht gefällt. Traut euch und meldet euch enfach mal zu einem Probetraining an!

Charlotte für das ISaR-Projekt 2018 

23. Blindenschach

Das Spiel der Könige. Viele Leute spielen leidenschaftlich Schach. Was aber tun, wenn plötzlich (oder von Geburt an) eine Sehbeeinträchtigung/Blindheit vorliegt? Kein Problem, dafür gibt es das sogenannte Blindenschach. 

Und so funktioniert es:

Für Menschen mit Blindheit und Sehbeeinträchtigung gibt es extra Steckschachbretter. Diese haben in jedem Feld ein kleines Loch, um dort die Figuren einzustecken. Außerdem sind die weißen Felder etwas tiefer gelegt, damit man sie ertasten kann. Richtig gespielt wird dann meist mit zwei Brettern, damit jeder Spieler unabhängig vom anderen die Figuren auf dem Brett ertasten kann. Züge müssen laut angesagt werden, damit der Gegner sie auf seinem eigenen Brett stecken kann. So ist es möglich, die Figuren auf dem Feld wahrzunehmen und sich zu überlegen, wie man sie setzt.

Letztendlich muss die Partie aber im Kopf gespielt werden. 

Das Erlernen und Üben von Schach ist auf jeden Fall eine Überlegung wert, da es unter anderem Problemlösefähigkeiten und das Gedächtnis herausfordert und trainiert. Außerdem macht es natürlich jede Menge Spaß.

(Amelie für das ISaR-Projekt 2018)

 

Deutscher Blinden- und Sehbehinderten Schachbund e.V.

23.1. Erfahrungsbericht zum Blindenschach von Mirko

Mein Name ist Mirko. Ich bin 21 Jahre alt und studiere im fünften Semester Mathematik. Das Abitur habe ich an einem Potsdamer Regel-Gymnasium abgelegt. Ursprünglich hatte ich vermutlich eine Sehkraft von 10 % auf beiden Augen. Allerdings erblindete ich auf dem rechten Auge auf Grund einer Netzhautablösung im frühen Kindesalter. Zusätzlich habe ich einen Nystagmus.

Mit vier Jahren erlernte ich die Grundbegriffe des Schachspiels, mit acht Jahren trat ich dem USV Potsdam bei, wo ich noch immer spiele. In diesem Verein bin ich der einzige Spieler mit Sehbeeinträchtigung. Da ich von den Möglichkeiten des Blindenschachs erst später erfuhr, habe ich in den ersten Jahren wie ein normal Sehender Schach gespielt. Der erste Schritt zu Hilfsmitteln war eine Kaltlichtlampe, um eine ständige gute Ausleuchtung zu sichern. 2009 nahm ich erstmals an einem Schnellschachturnier des DBSB in Norderstedt teil und wurde am Ende des Turniers Mitglied des Vereins. Dort habe ich zum ersten Mal das Spiel mit den zwei Brettern kennengelernt. Jetzt nutze ich bei allen Wertungspartien sowohl das Steckschachbrett, die Kaltlichtlampe, vergrößerte Partienzettel und die Digital-Schachuhr mit Sprachausgabe. Übrigens wurde die Uhr in Spanien entwickelt. Zuerst gab es eine Sprachausgabe in Spanisch/Englisch, mittlerweile gibt es auch beispielsweise die Ausgabe in russischer oder deutscher Sprache. Wichtig war für mich, dass ich dabei nicht die Spielberechtigung beim Heimatverein aufgeben musste und somit sowohl für den USV als auch den DBSB startberechtigt bin.

Anfangs dauerte es eine Weile an Überwindung, ehe ich bereit war, Hilfsmittel bei meinen Partien zu nutzen. Aber jetzt bin ich froh, diesen Schritt gegangen zu sein, da es gerade bei langen komplizierten Partien eine große Erleichterung ist und ich mich besser auf das eigentliche Spiel konzentrieren kann.

(Mirko für das ISaR-Projekt 2018)

24. Erfahrungsbericht eines Lehrers, der als Guide eine Schülerin mit Blindheit beim Skifahren begleitet hat

Ich war als Förderschullehrer aus dem Förderschwerpunkt Sehen und als Sportlehrer gebeten worden, eine Schülerin mit Blindheit auf eine Ski-Klassenfahrt zu begleiten. Vor einigen Jahren hatte ich eine sehr gute Fortbildung zum Begleiten von Skifahrern mit verschiedenen Beeinträchtigungen, unter anderem auch für blinde Menschen, absolviert.

Mit 108 Schüler*innen (davon eine blinde Schülerin) aus der Stufe 8 zweier Schulen, die im sportlichen Bereich miteinander kooperieren und 16 Betreuer*innen sollte es in ein Skigebiet gehen. Vor der Fahrt habe ich mich mit der blinden Schülerin und ihrer Förderschullehrerin aus dem Gemeinsamen Lernen getroffen. Zunächst haben wir Materialkunde betrieben, Skier und Skischuhe ertastet, die Funktionen der einzelnen Teile besprochen und diese anprobiert. Im Klassenraum ist die Schülerin in Ruhe mit den Schuhen und später auf Skiern ein paar Schritte gelaufen. Außerdem gab es wochenlang vorab ein verbindliches Training im Rahmen des Sportunterrichts aus dem Bereich der Skigymnastik.

Es wurde ein Skigebiet gewählt, in dem es nicht zu viele Pisten und Lifte gibt, um einen besseren Überblick zu haben und Skilehrer zur Not schnell bei einer Ski-Gruppe aushelfen konnten. Außerdem wurde darauf geachtet, dass ein geeigneter Anfängerhang mit ebener Fläche für die ersten Ski-Erfahrungen vorhanden ist.

Meine Zusatzausrüstung als Guide bestand aus einem beidseitig bedrucktem Neonshirt mit der Aufschrift „Guide“, einem Lautsprecher und Mikrophon am Kopf. Als Guide nutzt man im Anfängerbereich am besten Kurzski, da man mit diesen deutlich wendiger ist und zur Not auch schnelle Richtungswechsel auf engem Raum durchführen kann. 

Die Schülerin trug ein gleichfarbiges, beidseitig bedrucktes Neonshirt mit der Aufschrift „Blind“. Das dient zum einen der besseren Erkennbarkeit auf der Piste und zum anderen wird hier die Einheit der beiden Skifahrer deutlich. Es soll verhindern, dass andere Fahrer zwischen Guide und blindem Skifahrer hindurchfahren.

Am ersten Tag übte die Schülerin mit Blindheit auf ebener Fläche. Zunächst erlernte sie, sich nach meiner Stimme sowie nach den Stunden eines Ziffernblattes auszurichten und meiner Stimme zu folgen, da nicht sehende Skifahrer sich auch später auf der Piste nach der Stimme ihres Guides orientieren. Um immer eine Orientierung zu haben sagt der Guide durchgehend in kurzen Abständen das Wort „Geht“, für Kurven „und hopp“ und beim Stoppen „und halt“. Auch bei den Vorübungen wurde damit keine Ausnahme gemacht.

Mit nur einem Ski wurde zunächst „gerollert“. Dabei wurde das skifreie Bein zum Abstoßen genutzt. Später bewegte sich die Schülerin mit beiden Skiern vorwärts, indem die Stöcke zunächst zum Abstoßen genutzt wurden. Als nächstes übten wie die Fortbewegung mit und ohne Stöcke mit Skiern durch Vorwärtsgleiten und Skaten. 

Später stiegen wir einen flachen Hang auf verschiedene Weise hinauf und rutschten diesen seitlich wieder hinab. Dabei wurde auch erlernt, die Kanten zum Bremsen zu nutzen und mit ihnen das seitliche Abrutschen zu verhindern. 

Nachdem die Pflugstellung erklärt und in der Ebene ausprobiert wurde, konnten wir auch schon den flachen Hang vorwärts hinuntergleiten und die Pflugstellung zum Bremsen nutzen. Anschließend folgten auch schon die ersten Kurven in Pflugstellung. An diesem Tag war ich ausschließlich ohne Skier unterwegs. So konnte ich vor meiner Schülerin rückwärts herlaufen, hatte sie immer im Blick, konnte sie (wenn nötig) stützen und mit den Händen die Position der Skier verändern oder diese führen.

Am zweiten Tag wurden am Morgen noch einmal einzelne Übungen in der Ebene und am flachen Hang wiederholt. Dann ging es zur ersten Liftanlage: der „Zauberteppich“ am Anfängerhang. Das sehr nette Liftpersonal gab uns die Gelegenheit den Einstieg des Laufbands im abgeschalteten Zustand zu erkunden und einen Eindruck von der Steigung zu bekommen. Beim ersten Einstieg unterstützte ich noch durch Stützen, alle weiteren Einstiege gelangen aber schon ohne Hilfe. Am Ende des Laufbandes wird gleichmäßig von 3 abwärts gezählt, sodass bei 1 das Ende erreicht ist und die Schülerin vom Band laufen kann. Diese Zählweise wird grundsätzlich bei allen Liftausstiegen verwendet.

An diesem Tag vertieften wir an diesem Hang das Kurvenfahren und das Bremsen in Pflugstellung. Wichtig ist vor Abfahrt, dass die erste Kurvenrichtung angesagt wird und die angesagte Richtung von der blinden Fahrerin angezeigt wird, um Missverständnisse zu vermeiden. Bei den ersten Abfahren lief ich noch rückwärts vor meiner Schülerin her. Danach konnte sie bereits recht sicher fahren und benötigte weniger Unterstützung, sodass ich die folgenden Abfahrten mit den Kurzskiern rückwärts vor ihr herfahren und ihr die Kommandos geben konnte.

Am dritten Tag ging es am Nachmittag zum ersten Ankerlift an einer blauen Piste. Auch hier war das Liftpersonal sehr nett und konnte uns einen Übungs-Anker mit Seil herausgeben. Dieser wurde zunächst ertastet und das Prinzip des Geschleppt-Werdens erklärt. Später trainierten wir mit dem Übungsanker den Einstieg, das Anfahren und Fahren, während ich den Anker einige Meter bergauf zog. Beim ersten realen Einstieg wurde der Lift sehr verlangsamt, um einen leichteren Einstieg zu haben und auch dieses Mal klappte es beim ersten Versuch.

Die flacheren Stücke der blauen Pisten fuhren wir in der Pflugstellung. Steilere Abschnitte glitten wir zunächst seitlich auf den Kanten hinab, wobei ich mich auf der Talseite der Schülerin bewegte und sie von dort stützen oder die Skier ankanten konnte. In den kommenden Tagen gelang es aber auch an diesen Stücken immer besser auch dort Kurven zu fahren.

Leider konnten wir an den letzten eineinhalb Skitagen krankheitsbedingt nicht mehr Ski fahren. Trotzdem war meine Schülerin sehr stolz darauf, so weit gekommen zu sein. Besonders, weil sie dies vorher nicht für möglich gehalten hatte. Auch die Kolleg*innen und Betreuer der GL-Schule und ich waren von den großen und schnellen Fortschritten sehr begeistert. Und allen war am Ende klar: Skifahren ist auch blind möglich und sollte interessierten Schüler*innen möglich gemacht werden.

Marcel Nagel für das ISaR-Projekt 2019

25. Erfahrungsbericht von Ann-Kathrin zum Langstrecken-Wandern als Extremsportart

Die Leidenschaft für das Wandern und das Bedürfnis an seine Grenzen gehen zu wollen, lässt sich beim „Ultrawandern“ vereinen. Hierbei handelt es sich um eine Sportart, die auch als Extremsportart bezeichnet wird, da man sowohl körperlich als auch geistig an seine Grenzen geht. Man wandert Streckenlängen, die meist im Marathonbereich (42 km, sogenannte Wandermarathons) beginnen. Lediglich der Körper und die Psyche setzen der Distanz Grenzen. Besonders beliebt sind Strecken zwischen 50 Kilometern und 100 Kilometern. Hierfür gibt es auch Veranstaltungen, sodass man sogar bei erfolgreichem Abschluss oder bei Teilstrecken-Abschluss eine Medaille erhält.

Das Ultrawandern verbindet Menschen. Hierbei hat man meist viel Zeit, um sich mit seinen Mitwanderern auszutauschen, da bei beispielsweise 50 Kilometer Distanz eine ungefähre Zielzeit zwischen 8 bis 12 Stunden angesetzt wird. Hier sind schon die einen oder anderen Freundschaften entstanden.

Besonders spannend beim Ultrawandern ist die Nacht. Wenn 100 Kilometer gewandert werden, gehen die Sportler durch die Nacht. Der Körper fährt evolutionär bedingt runter und stellt sich auf das Schlafen ein. Hierbei ist gerade die Stille der Nacht eine Grenzerfahrung, da wir normalerweise in unserem Bett liegen und schlafen. Ein „goldener Moment“ einer solchen Wanderung ist der Sonnenaufgang. Auch wenn ich selbst nur hell und dunkel wahrnehme, strömt die „Lebensenergie“ in den Körper zurück, sobald die Erde am Morgen wiedererwacht. Sobald die Vögel wieder beginnen zu singen, die Sonnenstrahlen den Morgentau auflösen und die Menschen und Tiere ihren Tag beginnen, tankt der bereits erschöpfte Körper wieder neue Energie. Diese ist meist sehr entscheidend, ob ein erfolgreicher Finish erzielt werden kann.

Beim Ultrawandern empfiehlt es sich, dass sich Menschen mit Sehbeeinträchtigung durch eine zweite Person begleiten lassen. Gerade wenn der Körper und auch die Psyche an Grenzen geführt werden, fällt es schwieriger das Sehvermögen so konzentriert wie gewohnt einzusetzen. Am meisten Spaß macht es, wenn man mit verschiedenen Menschen startet, da es so gerade in der Nacht nicht langweilig wird und man immer wechselnde Gespräche hat. Da eine 100 Kilometer Wanderung ungefähr zwischen 20 bis 24 Stunden dauert, ist viel Zeit zum Kennenlernen.

Das Ultrawandern ist meiner Meinung nach für Menschen mit Sehbeeinträchtigung und Blindheit sehr empfehlenswert, da hier zum einen Grenzerfahrungen gemacht werden und die Wanderer realisieren, wie viel mehr man doch eigentlich leisten kann und zum anderen weil man sich und seinen Körper, aber auch seine Psyche lernt gut einschätzen zu können.

Zum Wandern braucht es neben guten Wanderschuhen, gerade bei Ultrastrecken, eine Person, die bereit ist, einen Menschen mit Blindheit zu führen. Erfahrungsgemäß sind die Menschen, die solche Sportarten ausüben, sehr offen, weil sie selbst oftmals ihre eigenen „Päckchen“ zu tragen haben und mit dem Ultrasport einen Ausgleich finden.

In meinem Fall stellen die Begleiter mir ihren Arm zur Verfügung und ich hake mich ein. Gerade in der Nacht wechseln wir oft auf Hand-in-Hand, weil der Arm über solche Distanzen schwer wird. Dies ist abhängig von der Größe der Personen und natürlich von dem Training. Wenn der Begleiter das Ultrawandern gewohnt ist, so kann es auch sein, dass man sich 100 Kilometer einhaken kann.

Bei solchen Wanderungen sollte es aber nicht darum gehen, dass ein Mensch mit Blindheit einen Begleiter sucht und der Begleiter ihn aus „Mitgefühl gegenüber dem Blinden“ begleitet. Wichtig ist, dass man sich sympathisch ist und das man zusammen die Kilometer bestreiten möchte. 100 Kilometer sind ein langer Weg und nimmt auch viel Zeit in Anspruch, sodass man sich gut verstehen sollte.

Wenn ich daran zurück denke, wie ich mit dem Ultrawandern begonnen habe, fällt mir meine erste lange Wanderung ein. Bei dieser sind wir von meiner Haustür bis in die 52 Kilometer entfernt liegende Kneipe zum Abendessen gelaufen. Morgens in der Frühe gestartet und Abends mit Schmerzen in den Gelenken angekommen – aber das Gefühl, diesen Weg mit den eigenen Füßen gegangen zu sein, war unglaublich. Wahrscheinlich sind es die Glücksgefühle und der Stolz, die mich immer wieder motivieren, eine neue Strecke auf mich zunehmen. Denn irgendwann, so hat mal ein Veranstalter geschrieben „tut es einfach nur noch weh“. Dann ist die Kunst, dass die Psyche die Oberhand über den Körper gewinnt und die Grenzen, die man bereits vor sich sieht, sich auflösen.

Denn am Ende können wir alle viel mehr als wir denken und können viel viel weiter gehen, als wir je geglaubt haben.

(Erfahrungsbericht von Ann-Kathrin für das ISaR-Projekt)